Dirndl als kulturelle Aneignung?
Ausgehend von der Ausstellung „Ware Dirndl“ wollen Stadtmuseum und CampusVäre – Creative Institute Vorarlberg gemeinsam mit Kultur- und Kreativtätigen den aktuell sehr häufig geführten Diskurs rund um die „Cultural Appropriation“ entwirren.
Das viel diskutierte Thema wird auf regionalen Boden geholt und gemeinsam überlegt, wie weit diese Diskussionen uns betrifft oder betreffen sollten. Als Special Guests werden Anette Baldauf, Professorin für Epistemologie und Methodologie an der Akademie der bildenden Künste Wien und der Musiker und Autor Hans Platzgumer erwartet.
In der aktuellen Ausstellung „Ware Dirndl“ des Stadtmuseums Dornbirn werden verschiedene Aspekte des „Produkts Dirndl“ ausgestellt. Unter anderem auch, welchen gestalterischen Vorgaben das Dirndlkleid und die Trachtenstoffe in der Vergangenheit unterworfen waren, wer diese Vorgaben formuliert hat und wie stark bestimmte Gruppen das „wahre“ Dirndl für sich beansprucht haben. Am deutlichsten war die Vereinnahmung durch die Nationalsozialisten, die das Dirndl und Trachten nicht nur zu „volksechten“ Kleidungsstücken erhoben, sondern Jüdinnen und Juden verboten haben, diese Kleider zu tragen. Der Vorwurf der Aneignung ist hier kompliziert und abstrus, die Aneigner:innen warfen anderen Aneignung vor – letztlich fragt man sich jedoch: Wem gehört das Dirndl?
Der Diskurs um Tracht, Kunstformen wie Musik und das Design von Kleidung und anderen Objekten ist eng mit Identitätspolitik verknüpft. Die Debatte heute ist oft verworren und nicht nachvollziehbar, medienwirksame Vorwürfe und Unverständnis dominieren. Umgekehrt versuchen kluge und abwägende Artikel zu dem Thema erst einmal zu klären, was kulturelle Aneignung überhaupt ist. Einen sehr besonnenen Beitrag hat jüngst Jens Balzer mit seiner „Ethik der Appropriation“ (2022) verfasst, in welcher er zwischen guter und schlechter Aneignung unterscheidet.
Special Guests: Anette Baldauf und Hans Platzgumer
Anette Baldauf ist Professorin für Epistemologie und Methodologie an der Akademie der bildenden Künste Wien. In Kollaborationen mit Künstler:innen untersucht sie die Schnittstelle von Raumproduktion, Ökonomie und Gender. 2021 veröffentlichte sie ein Feature über die Geschäfte der Vorarlberger Textilindustrie mit Westafrika „Spitzen-Geschäfte. Eine Textilgeschichte in zwei Teilen. Von Katharina Weingartner, Anette Baldauf und Jumoke Sanwo“: Hier geht’s zum Link
Der Musiker und Autor Hans Platzgumer hat seit 2000 den Schwerpunkt seines künstlerischen Schaffens weg von der Musik hin zur schriftstellerischen Arbeit verlagert. Er hat zuletzt in der ZEIT einen interessanten Artikel zum Thema verfasst: Hier geht’s zum Link
CampusVührung
Für alle Gäste des Abends, die neugierig auf die aktuellen Entwicklungen der CampusVäre und ihre Transformation in eine „Werkstatt zur Entwicklung der Zukunft“ sind, gibt es die Gelegenheit, um 18 Uhr einer CampusVührung durch die Sägenhallen teilzunehmen.
Die Teilnahme ist kostenlos, es ist keine Anmeldung erforderlich. Treffpunkt: Spinnergasse 1