Kulturelle Aneignung gehört diskutiert

Ausgeprägte Meinungen, eine starke mediale Polarisierung und große Emotionen bringen das Thema der kulturellen Aneignung mit sich. Das Stadtmuseum Dornbirn und die CampusVäre stehen zur dringenden Notwendigkeit einer reflektierten Diskussion und luden gestern Abend zu einem Talk mit der Professorin für Epistemologie und Methodologie an der Akademie der bildenden Künste Wien Anette Baldauf und dem Autor und Musiker Hans Platzgumer.

 

 

Dass kulturelle Aneignung nicht verboten, aber diskutiert gehört, war der Tenor der gestrigen Gesprächsrunde in der CampusVäre in Dornbirn. Vom Stadtmuseum Dornbirn initiiert und aufs Podium geholt: Die Professorin für Epistemologie und Methodologie Anette Baldauf und der Autor und Musiker Hans Platzgumer. Die Meinungen dazu, was in einer liberalen Zivilgesellschaft erlaubt sein darf oder nicht weitergeführt werden sollte, gehen mitunter auseinander. Auch beim gestrigen Talk wurden unterschiedliche Haltungen diskutiert und führten zu einer kontroversen Diskussion unter den Besucher:innen: Soll Pippi Langstrumpf zensiert werden? Müssen bzw. sollen Kinder mit unserer Vorgeschichte der Sklaverei konfrontiert werden? Ist in der Kunst noch alles erlaubt? Ist Uniformierung durch die klare Zuordnung eine Ausgrenzung oder vermittelt sie eine wertvolle traditionelle Zugehörigkeit? Laut Anette Baldauf ist der Gegensatz zur Kulturellen Aneignung nicht, dass wir alle in unserer Kultur verhaftet bleiben müssen. Vielmehr gehe es darum, miteinander zu reden, den Diskurs zu führen und unsere Geschichte kritisch zu reflektieren und sich die Frage zu stellen, ob wir uns weiterhin mit unserem kolonialen Bezug repräsentieren wollen oder den bewussten Weg wählen, sich weiterzuentwickeln. Wichtig sei die kritische Auseinandersetzung und die Diskussion darüber, auch wenn diese, so Platzgumer „elend lang und anstrengend“ sei. Er betont, dass wir uns nicht einfach aus der Diskussion herausarbeiten sollten, denn wir wollen die Antwort darauf ja weiterhin wissen. Letztlich gehe es bei Kultureller Aneignung „im Kleinen wie im Großen, im Guten wie im Bösen um Diskriminierung und Stereotype, um Macht und Vergeltung,“ so Platzgumer.

Beim vom Stadtmuseum Dornbirn in Kooperation mit der CampusVäre organisierten Talk wurde klar, dass an einem Abend nicht auf alle Vorstöße aus dem Publikum eine Antwort gegeben werden kann. Wichtig ist die Schaffung von Diskussionsräumen die eine Chance bieten, die eigene Sichtweise zu hinterfragen. Bettina Steindl, GF der CampusVäre, die den Abend gemeinsam mit Petra Zudrell, Direktorin des Stadtmuseum Dornbirn, modierte, resümiert: „Man kann nicht auf alles Antwort finden, es geht aber letztlich immer wieder darum, unserer Gesellschaft einen Raum für Diskussionen zu öffnen und die Courage zu haben, Dinge anzusprechen.“ Und diesen Platz schuf die CampusVäre, als Ort für Möglichkeiten und mutiges Beispiel für gelingendes Zusammenschaffen zusammen mit dem Stadtmuseum Dornbirn.

Anlass der Veranstaltung war die Ausstellung „Ware Dirndl. Austrian Look von Franz M. Rhomberg“ des Stadtmuseum Dornbirn, bei welcher die Frage aufkam, welchen gestalterischen Vorgaben das Dirndlkleid und die Trachtenstoffe in der Vergangenheit unterworfen waren, wer diese Vorgaben formuliert hat und wie stark bestimmte Gruppen das „wahre“ Dirndl für sich beansprucht haben. Die Ausstellung im Stadtmuseum Dornbirn ist noch bis 10. April zu sehen.